Koalas und bushfires

Nur einen Steinwurf vom Campingplatz entfernt und direkt angrenzend an Flinders Chase Nationalpark liegt das Hanson Bay Wildlife Sanctuary. Früher eine Schaffarm, jetzt ein Schutzgebiet für Wildtiere. Vor den Feuern hatten sie ein Visitor Center, Touren und einen self-guided walk, heute kann man „nur noch“ an geführten Touren teilnehmen: Guided Koala Walk & bush fire ecology tour. Peter, unser Guide, ist seit fünf Monaten zurück auf der Insel. Vor den Feuern hat er im Visitor Center des Nationalparks gearbeitet und verlor dann, nach den Feuern und wegen Corona, seine Arbeit. Nun ist er zurück und führte uns nicht nur durch den Koala Walk, sondern erzählte auch bedrückende Geschichten über die Buschfeuer und ihre Folgen. Anhand von Fotos und dem Jetztzustand konnten wir selbst sehen, wie viel verloren ging, und wieviel sich bereits regeneriert hat.

Koalas sind nicht heimisch auf KI, sie wurden vor etwa 100 Jahren zusammen mit einigen anderen Tieren vom Festland eingeführt. KI wurde damals, recht beeindruckendes Denken für die damalige Zeit, als eine Art Arche Noah verwendet. Zum Glück für die Koalas, die auf der Insel (im Gegensatz zu ihren Verwandten auf dem Festland) nie an Chlamydien erkrankten.

Das barg allerdings ein Dilemma über die Jahre, denn: KI ist ein so perfektes Habitat, dass die Koalas sich ungebremst vermehrten. 2019, vor den Feuern, schätzte man ihre Zahl auf 80’000 auf der Insel. Lebensraum und vor allem Eukalyptus, ihre einzige Nahrung, gab es allerdings eigentlich nur für etwa 30’000. Die Folge war, dass die Koalapopulation die Eukalyptusbäume kahlfrass und damit grossen Schaden anrichtete, sodass man regulierend eingreifen musste (z. B. mit Metallplatten um die Baumstämme, um die Koalas am Hochklettern zu hindern). Das wiederum führte dazu, dass die Koalas grossflächig am Verhungern waren. Dann kamen die Buschfeuer von 2019/2020. Von den 80’000 Koalas starben etwa 70’000.

Peter schätzte, dass (vorausgesetzt, es wird kein Feuer geben) in etwa 5-6 Jahren die Population sich erholt haben wird. Er sagt auch, dass man jetzt viel genauer auf deren Zahlen schauen wird und sicherstellen, dass sie nachhaltig bleiben. Ein Vorteil der Buschfeuer, meint er, ist, dass so viele Wissenschaftler:innen wie nie zuvor auf der Insel arbeiten und forschen, unter anderem über die Koalas.

Die Buschfeuer begannen aufgrund von Blitzschlag. Laterit (ein sehr eisen- und aluminiumhaltiges Gestein) zieht Blitzschlag an. So viel ging schief – Gewitterstürme über dem Pazifik, kein Regen, der Wind aus der falschen Richtung. Nachdem die Feuer ganz am nord-westlichen Ende der Insel begannen, arbeiteten sie sich innerhalb von 4 Stunden die 50 km bis ans südliche Ende vor.

Flinders Chase Nationalpark wurde zu 96% zerstört (der grüne Bereich auf der Karte war die gesamte Brandfläche).

Gleichzeitig brannte es an drei Orten auf dem Festland – in Queensland, Victoria und Western Australia. Die Feuerlöschzüge der Adelaide Hills waren in Victoria und mussten erst zurückgeholt werden. Die Insel selbst hat nur 9 fire trucks und ist auf Hilfe vom Festland angewiesen. Die australische Regierung wartete damals eine (zu) lange Zeit, Hilfe aus dem Ausland, vor allem aus Neuseeland, Kalifornien und Europa, anzufordern. Die Brände gerieten ausser Kontrolle.

Heute, drei Jahre später, kann man sehen, wie die australische Vegetation vom Feuer lebt. Diverse Pflanzen warten nur auf Brände, um sich zu vermehren – Yakkas (grass trees) beispielsweise blühen nur nach Feuern. Sie haben kleine ölhaltige Brandbeschleuniger-Kapseln in ihren Stämmen, die dazu führen dass sie bei einem Feuer enorm heiss brennen, was Chemikalien freisetzt, die als Wachstumsbeschleuniger für ihre Blüten dienen. Andere Pflanzen brauchen die Hitze, um ihre Samenkapseln zu öffnen. Feuer beseitigen den undergrowth, der es Schösslingen ermöglicht, zu wachsen.

Andere Pflanzen brauchen die Hitze, um ihre Samenkapseln zu öffnen. Feuer beseitigen den undergrowth, der es Schösslingen ermöglicht, zu wachsen. Am wieder eröffneten Platypus Waterholes Walk im Flinders Chase Nationalpark erklären Informationstafeln, wie das funktioniert. Die alten, grossen Bäume sind verbrannt, doch aus der Asche wuchsen (auch dank grosszügigem Regen nach den Buschfeuern) viele Schösslinge.

Alles ein wenig ein positiver Spin, wenn man die Zerstörung und das Trauma betrachtet. Doch man hat daraus gelernt. Nicht nur in Bezug auf die Koalas. Peter erzählte uns, dass es heute eine Art Nachbarschaftstelefon gibt – wenn es gewittert, halten alle Kontakt miteinander, um schnell reagieren zu können. Er verschwieg aber auch nicht, wie panisch alle in der letzten Gewitternacht waren, weil sie dachten, jeden Moment kann es wieder soweit sein. Oder dass die controlled burns, die auf KI genauso wie überall in Australien regelmässig durchgeführt werden, um besonders feueranfällige Stellen zu beseitigen, nicht nur den Menschen zu schaffen machen. In der letzten Woche hätten controlled burns stattgefunden, der Rauch sei überall gewesen. Seine Vermutung war, dass auch viele Tiere deswegen wieder zumindest kurzfristig aus der Gegend geflohen sind.

Und das stimmt. Nicht nur die Koalazahlen wurden dezimiert, auch viele andere Tiere fielen den Feuern zum Opfer. Auf unserer Wanderung durch Flinders Chase herrschte eine für Australien fast unvorstellbare Stille. Denn eine Sache, die diese Landmasse ausmacht, ist die Vielfalt der Vogelgeräusche. Magpies, Kakadus, Krähen, alle möglichen kleinen und grossen Vögel machen ständig Geräusche. Aber die Vögel sind offenbar noch nicht wieder zurück.